Ein Bidet als Haar-Waschbecken, eine Pinkel-Rinne als Springbrunnen: Der Dortmunder Friseurmeister Frank Griewel hat ein ehemaliges Toilettenhaus zum Salon hergerichtet. Rund 100 000 Euro steckte
der 37-Jährige in seinen Laden, auf dessen Terrasse er im Sommer auch Haarschnitte unter freiem Himmel anbieten will.
Der rote Backstein-Bau am Rande des Dortmunder Westparks ist ein besonderes Klohaus. 1927 errichtet, steht es heute unter Denkmalschutz. Händler, die auf dem gegenüber liegenden Marktplatz ihre
Geschäfte machten, kamen dorthin, um das andere Geschäft zu verrichten. Vor zehn Jahren verriegelte die Stadt das über und über mit Graffiti beschmierte Haus. Zuvor war die öffentliche Toilette
ein Treffpunkt der örtlichen Schwulenszene geworden.
Als Frank Griewel vor drei Jahren bei der Stadt nach dem Kaufpreis für das 80 Quadratmeter große Gebäude fragte, glaubte man zuerst an einen Scherz. Für einen "symbolischen Euro" gab es das
Klohaus aber auch nicht -10 000 Euro zahlte der Friseur an die Stadt, die zuvor noch das Dach neu decken ließ. Die erste Begehung war ein Schock: tote Ratten und Spritzerbesteck bedeckten den
Boden. "In den Jahren hatte sich aber wenigstens der Gestank verzogen", sagt Griewel. "Als ich den Raum zum ersten Mal gesehen habe, dachte ich: Oje, das wird aufwendig", erinnert sich Architekt
Klaus Gauselmann, der den Klohaus-Umbau seinen bisher spektakulärsten Auftrag nennt.
Zwei Jahre dauerte es, bis die ungewöhnliche Geschäftsidee alle Ämter passiert hatte, weitere sechs Monate, bis der Salon "Kinky's" jetzt eröffnete. Bis auf die Außenwände hat Griewel alle Mauern
einreißen lassen und die Inneneinrichtung nach den Gesetzen des Feng Shui gestaltet. Wände aus Glas trennen nun Arbeits- und Wartebereich, neue Fliesen und Fenster sorgen für Helligkeit. Nur noch
kleine Gags wie die Bidets, in denen Griewel seinen Kunden die Haare wäscht, erinnern ironisch an die Vergangenheit. Auch die "Pinkel-Rinne" in der Ecke des leicht abschüssigen Bodens blieb
erhalten. Heute schwimmen dort Fische.
Griewel freut sich vor allem aufs Frisieren im Freien. Die Idee hatte der Dortmunder, als er vor drei Jahren zu Gunsten der Hochwasser-Geschädigten im Biergarten des Parks Haare schnitt. Die
Open-air-Arbeit war sein Schlüsselerlebnis. "Die Leute waren überhaupt nicht gehetzt wie sonst oft beim Friseur, sondern saßen gelassen bei ihrem Milchkaffee. Das hat mir gefallen." Beim
Schneiden fiel sein Blick auf das verlassene Klohaus, und die Idee war geboren.
Von der ursprünglichen "Einrichtung" des Hauses hat Griewel nur die Toilettentüren behalten. Derb-deutliche Schmierereien im Stil von Kontaktanzeigen zeugen von der Vergangenheit: Ein "Sklave
sucht seinen Herren", ein "sympathischer Jeanstyp" beschreibt seine Maße mit "43/184/82/20x6" und hat auch Adresse und Telefonnummer hinterlassen. In einer Ausstellung will Griewel später die
Geschichte seines Häuschens dokumentieren. Der Titel steht schon fest: "Ab- und andere Orte".
Quelle: n-tv